Lebensversicherung

Lebensversicherung

Zum Lebensversicherungsrecht haben wir folgende Urteile für Sie zusammengestellt:


OLG Köln

Das Oberlandesgericht Köln hält an seiner Rechtsprechung, wonach eine Widerspruchsbelehrung, welche nicht über die Form des Widerspruchs belehrt, unwirksam ist. Ein solcher Verstoß stelle auch keine nach Treu und Glauben unbeachtliche Marginalie dar. Der Senat klärt, unter welchen Voraussetzungen eine Widerspruchsbelehrung in einem Nachtrag als Nachbelehrung zur ursprünglichen Belehrung Auswirkungen auf das Widerspruchsrecht haben kann - hier mangels deutlichen Bezuges zur Ausgangspolice - verneint -. Was Verträge mit BUZ anbelangt, so können von der Versicherung nicht die "Beiträge der BUZ", sondern allenfalls die reinen Risikokosten anspruchsmindernd geltend gemacht werden (OLG Köln, Urt. v. 21.04.2023 - 20 U 371/22 - Axa).

OLG Karlsruhe

Nach Auffassung des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.03.2023 - 12 U 180/22 -) folgt aus der bloßen Vertragsübernahme nicht ohne Weiteres eine Treuwidrigkeit oder ein Umstand, der die Annahme von Verwirkung rechtfertigen könnte, so dass eine Rückabwicklung nach erfolgtem Widerspruch gem. § 5a VVG a. F. bzw. erfolgtem Rücktritt nach § 8 Abs. 5 VVG a. F. durchaus in Betracht kommt. Von dem Bereicherungsanspruch ist der Wert des genossenen Risikoschutzes abzuziehen, worunter das OLG Karlsruhe - anders als das OLG Köln - nicht nur den tatsächlichen Risikoanteil einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, sondern den von der Versicherung als "BUZ-Beitrag" deklarierten Prämienanteil fasst. Was die Nutzungen im Sinne von § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB anbelangt, so sind nicht nur die Nutzungen aus dem Sparanteil, sondern auch die Nutzungen aus ersparten Verwaltungskosten von der Versicherung herauszugeben. Wenn die beklagte Versicherung Aufrechnung mit vermeintlichen Gegenforderungen erklärt, so kommt diese nur zum Zuge, wenn eine Gegenforderung im Verhältnis der Gegenseitigkeit nach § 387 BGB steht.

OLG Karlsruhe

Für die Bemessung der aus dem Kostenanteil der Prämien gezogenen Nutzungen nach erfolgtem Widerspruch gemäß § 5a VVG a. F. ist nicht auf die Null-Kupon-Euro-Swaprate, sondern auf die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen abzustellen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 02.03.2023 - 12 U 353/21 - Generali).

OLG Schleswig

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht befasst sich mit der Frage, wann eine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a. F. den formellen Anforderungen genügt. Wird eine Belehrung in einem fünf Seiten umfassenden Versicherungsschein auf Seite 4 abgedruckt und lediglich in Fettdruck hervorgehoben, genügt dies nicht.

Die Rechtsprechung zu der Frage, ob sich ein Versicherungsnehmer mit Blick auf § 242 BGB auf marginale Belehrungsfehler berufen kann, wenn er sein Recht zum Widerspruch trotz dieser Fehler im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung hätte ausüben können (u. a. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18, C-356/18, C-357/18, C-479/18, Rust-Hackner u.a., juris; BGH, Urteil vom 15. Februar 2023 - IV ZR 353/21) sei nicht einschlägig. Denn diese setze jedenfalls voraus, dass eine Belehrung drucktechnisch deutlich hervorgehoben, mithin formell wirksam ist.

Die Verjährung des Rückabwicklungsanspruchs beginnt erst mit Zugang des Widerspruchs (OLG Schleswig, Urt. v. 28.02.2023 - 16 U 76/22 - Nürnberger).

BGH

Wird dem Versicherungsnehmer durch die fehlerhafte Belehrung nicht die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben, wäre es nach nunmehriger Auffassung des BGH unverhältnismäßig, es ihm zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus einem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen. Unter diesen (engen) Voraussetzungen liegt ein geringfügiger Belehrungsfehler vor, der einer Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 242 BGB entgegensteht. Angenommen wurde dies für den Fall einer Belehrung, wonach der Widerspruch der Schriftform bedürfe, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits die Textform genügt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 15.02.2023 - IV ZR 353/21 - Skandia).

OLG München

Im Hinblick auf den anerkannten Schutzzweck des gesetzlichen Widerspruchsrechts, Versicherungsnehmer vor übereilten Abschlüssen ohne ausreichende Informationsmöglichkeit zu bewahren, bleibt nach Ansicht des Oberlandesgerichts München dann kein Raum mehr für die Einordnung eines widerspruchsgestützten Rückzahlungsbegehrens als treuwidrig, wenn eine Versicherung ihre Versicherungsnehmer nicht nur, abweichend von den intertemporär jeweils maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben, formal und/oder inhaltlich unzureichend, sondern überhaupt nicht über deren Widerspruchsrechte belehrt hat (OLG München, Beschl. v. 15.11.2022 - 25 U 1781/22 - LV 1871).

OLG München

Es kann offenbleiben, ob die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß dem Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18 - überhaupt die Frage der Verwirkung oder Treuwidrigkeit der Ausübung des Widerspruchsrechts betrifft. Jedenfalls in Fällen von drucktechnisch nicht hinreichend hervorgehobenen Widerspruchsbelehrungen, die keine Besonderheiten hinsichtlich des Versicherungsverlaufs aufweisen, kommt ein Rechtsmissbrauch des Versicherungsnehmers bzw. die Annahme einer Verwirkung nicht in Betracht (OLG München, Urt. v. 29.09.2022 - 14 U 2690/21 -).

OLG Köln

Im Rahmen eines Berufungsverfahrens setzt sich das Oberlandesgericht Köln mit der Frage auseinander, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Vertragslösungsrecht sogar bei fehlerhafter Widerspruchsbelehrung verwirkt sein kann (OLG Köln, Urt. v. 02.09.2022 - 20 U 110/22 - Axa). Hierbei werden die Aspekte Policendarlehen, Prämienstundung und Bezugsrechtsänderung thematisiert.

OLG Köln

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln kann im Anwendungsbereich der Zweite Richtlinie Lebensversicherung und Dritte Richtlinie Lebensversicherung ein Rechtsmissbrauch des Versicherungsnehmers sogar dann angenommen werden, wenn er unzureichend über sein Widerspruchsrecht belehrt wurde (OLG Köln, Beschl. v. 26.08.2022 - 20 U 38/22 - Axa).

VGH Koblenz

Ob es mit Unionsrecht vereinbar ist, wenn einem Versicherungsnehmer die Berufung auf ein auf Grundlage der Lebensversicherungsrichtlinien begründetes Widerspruchsrecht, über das er nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, wegen Rechtsmissbrauchs verwehrt und ein solcher Rechtsmissbrauch auf Grundlage einer nationalen Rechtsvorschrift allein anhand objektiver Tatbestandsmerkmale ohne das Hinzutreten subjektiver Elemente bejaht wird, war die Ausgangsfrage in einem Berufungsverfahren. Das Oberlandesgericht Koblenz hatte dies bejaht und eine Zurückweisung nach § 522 ZPO beschlossen, obwohl der klagende Versicherungsnehmer ein Vorabentscheidungsersuchen vor dem Europäischen Gerichtshof angeregt hatte. Eine solche Vorgehensweise ist verfassungs- und rechtswidrig (vgl. VGH Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.07.2022 - VGH B 70/21 -).

OLG Bamberg

Abweichend von der Ansicht des Oberlandesgerichts Rostock (OLG Rostock, Beschluss vom 09.11.2021 - 4 U 51/21 -) nimmt das Oberlandesgericht Bamberg an, dass auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09.09.2021 - sogar bei fehlerhafter Widerspruchsbelehrung und dem Fehlen subjektiver Elemente bei dem Versicherungsnehmer - Raum für eine Anwendung der Verwirkungsgrundsätze sein könne (OLG Bamberg, Beschl. v. 24.02.2022 - 1 U 533/21 - HUK Coburg).

LG Karlsruhe

Eine Rücktrittsbelehrung genügt den Anforderungen an die Belehrungsfunktion nicht, wenn sie inmitten eines Textblockes abgedruckt, der Verweise auf andernorts abgedruckte Erklärungen und Hinweise sowie weitere Informationen, unter anderem über die Ermächtigung zur Entbindung von der Schweigepflicht, zur Datenverarbeitung enthält. Dies gilt zumindest dann, wenn innerhalb des aus mehreren Absätzen bestehenden Textblockes der Hinweis auf das Rücktrittsrecht in keiner Weise drucktechnisch hervorgehoben ist. Der Fettdruck ändert hieran nichts, wenn der gesamte Textblock fettgedruckt ist (LG Karlsruhe, Urt. v. 16.02.2022 - 8 O 161/21 -; Anschluss an: OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. Dezember 2016 -- 12 U 130/16 -).

LG Flensburg

Ein Rückabwicklungsanspruch gem. § 5a VVG a. F. verjährt nach der Regelverjährung innerhalb von drei Jahren nach Erklärung des Widerspruchs. Wird die Klage noch zu unverjährter Zeit anhängig gemacht, ist eine Zustellung der Klage erst am 14.02. des Folgejahres unschädlich, weil sie u. U. noch als "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO anzusehen ist und die Rückwirkungsfiktion Platz greift (LG Flensburg, Urt. v. 14.02.2022 - 4 O 318/19 - LV 1871).

LG Erfurt

Das Landgericht Erfurt legt die Frage, ob das sog. Policenmodell mit dem sekundären Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, zur Entscheidung vor. Überdies soll ggf. geklärt werden, ob sogar bei unzureichender Widerspruchsbelehrung und/oder dann, wenn dem Versicherungsnehmer keine vollumfänglichen Verbraucherinformationen zuteil wurden, eine Versagung des Rückabwicklungsanspruches wegen Verwirkung, Rechtsmissbrauchs oder Zeitablaufs möglich ist (LG Erfurt, Beschl. v. 30.12.2021 - 8 O 1519/20 -).

OLG Karlsruhe

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.11.2021 - 12 U 245/21 - Generali) musste sich mit einem Berufungsverfahren beschäftigen. Dort ging es um die Frage, wann eine Belehrung drucktechnisch hinreichend hervorgehoben ist. Die bloße Inanspruchnahme eines Policendarlehens stellt keinen besonders gravierenden Umstand, der ausnahmsweise die Annahme der Verwirkung begründen könnte, dar. Wie ein Policendarlehen bei der Rückabwicklung einer fondsgebundenen Versicherung zu berücksichtigen ist, ist ebenfalls Gegenstand der Entscheidung.

LG Köln

In dem Grundurteil vom 16.11.2021 befasst sich das Landgericht Köln mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückabwicklung einer kapitalbildenden Lebensversicherung nach erfolgtem Widerspruch gem. § 5a VVG a. F. abgetreten werden kann. Sodann prüft das Gericht den Aspekt des Fristbeginns bei einer Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a. F. Weder eine Änderung des Bezugsrechts noch die Entgegennahme der Ablaufleistung sind geeignet, besonders gravierende Umstände zu begründen, welche ausnahmsweise zur Verwirkung führen könnten (vgl. LG Köln, Urt. 16.11.2021 - 12 O 87/21 - HDI).

LG Heidelberg

Das Gericht befasst sich mit den Anforderungen an die Abtretung von Rückabwicklungsansprüchen nach erfolgtem Widerspruch gem. § 5a VVG a. F. Eine irgendwie geartete "Vormachtstellung" der Klägerin wird verneint, so dass für die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB kein Raum ist. Der bloße Hinweis darauf, dass die Absendung für die Wahrung der Frist ausreiche, ersetzt keinen Hinweis auf die Form des Widerspruchs. Eine Nachbelehrung muss – sollte man von der grundsätzlichen Möglichkeit einer solchen ausgehen - einen für den Versicherungsnehmer erkennbaren Bezug zu seiner früheren Vertragserklärung aufweisen, der ihm deutlich macht, dass ein Belehrungsmangel im Nachhinein ausgeglichen werden soll. Weder ein Portfolliowechsel noch eine "Beitragsfreistellung" sind als besonders gravierende Umstände zu bewerten (LG Heidelberg, Urt. v. 12.11.2021 - 2 O 210/21 - Heidelberger).

OLG Rostock

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09.09.2021 (EuGH, Urteil vom 09.09.2021, C-33/20, C-155/20 und C-187/20), welche Verbraucherkreditverträge betrifft, ist auf die Rückabwicklung von Lebensversicherungen nach § 5a VVG a. F. übertragbar (OLG Rostock Beschl. v. 9.11.2021 – 4 U 51/21 -). Die Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes, wonach sogar in den Fällen unzutreffender Widerspruchsbelehrung oder unzureichender Verbraucherinformation Verwirkung erwogen werden kann, wenn besonders gravierende Umstände vorliegen, ist durch die genannte EuGH-Entscheidung obsolet geworden.

LG Frankfurt am Main

Wird über die Schriftform nicht belehrt, obwohl dies gem. § 5a VVG a. F. vorgeschrieben war, so beginnt die Widerspruchsfrist nicht zu laufen. Hierauf folgt grundsätzlich ein ewiges Widerspruchsrecht. Wenn man „pauschal“ auf die Wertung des § 124 Abs. 3 BGB zurückgriffe, ohne konkrete Umstände zu prüfen, liefe dies letztlich auf eine zeitliche Beschränkung des Widerspruchsrechts hinaus, die gegen die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union (Rs. C-209/12, NJW 2014, 452, insb. Rn. 27 ff.) verstoßen würde (LG Frankfurt, Urteil vom 21. Oktober 2021 – 2-30 O 145/21 – Standard Life).

OLG Karlsruhe

Wird die „Anlage GW“ mit den garantierten Rückkaufswerten erst mit dem Versicherungsschein übermittelt, so ist für die Annahme des Antragsmodells kein Raum. Die Berechnung der Nutzungen aus ersparten Verwaltungskosten richtet sich nach der Nettoverzinsung der Kapitalanlagen der in Anspruch genommenen Versicherung. Die Null-Kupon-Euro-Swaprate weist keinen Bezug zur konkreten Ertragslage auf (OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.08.2021 - 12 U 39/21 - AachenMünchener).

LG Frankfurt am Main

Eine Widerspruchsbelehrung ist dann in drucktechnisch deutlicher Form hervorgehoben im Sinne von § 5a VVG a. F., wenn sichergestellt ist, dass der Versicherungsnehmer die Belehrung zur Kenntnis nimmt, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht. Es ist darauf abzustellen, ob der Versicherungsnehmer beim Durchblättern der Unterlagen auf die Widerspruchsbelehrung aufmerksam gemacht wird. Eine Hervorhebung kann etwa durch eine andere Farbe, Schriftart oder –größe, durch Einrücken, Einrahmen oder aber auch in anderer Weise erfolgen. Befindet sich die Widerspruchsbelehrung in den Verbraucherinformationen, welche ihrerseits keine Inhaltsübersicht enthalten, sodass selbst der suchende Leser diese nicht wird finden können, fehlt es an einer hinreichenden Hervorhebung.

Der Versicherer kann ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Versicherungsvertrages dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er die Situation durch eine nicht ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung selbst herbeigeführt hat, indem er dem Versicherungsnehmer keine ordnungsgemäße Widerspruchserklärung erteilt hat (LG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2021 - 2-30 O 445/21 - Standard Life).

OLG Dresden

Fehlt der Hinweis, dass für die Rechtzeitigkeit des Widerspruchs die Absendung genügt, ist die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft. Bei fehlerhafter Belehrung kommt Verwirkung nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonders gravierender Umstände in Betracht. Besonders gravierende Umstände lassen sich nicht daraus herleiten, dass der Versicherungsnehmer langjährig Prämien gezahlt, um eine Beitragsfreistellung ersucht oder den Vertrag „aktiv gemanagt“ hat, indem er seine Anlagestrategie geändert hat (OLG Dresden, Urt. v. 15.06.2021 - 4 U 102/21 - Prisma).

LG Heidelberg

Im Fall nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung kann der Versicherer grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat (LG Heidelberg, Urt. v. 28.05.2021 - 2 O 291/20 -).

LG Heidelberg

Rückabwicklungsansprüche nach § 5a VVG a. F. sind nicht ohne Weiteres verwirkt. Weder die Vereinbarung einer Ausschlußklausel für den Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag, noch der Abschluss einer Vielzahl weiterer Versicherungsverträge oder die im Rahmen der Vertragsdurchführung vorgenommenen Anpassungen sind hierfür ausreichend. Auch genügt es für sich genommen nicht, dass der Versicherungsnehmer die Verträge selbst vermittelt hat, Provisionen vereinnahmt hat und in der Folgezeit weitere Versicherungsverträge mit der Versicherung abgeschlossen hat (LG Heidelberg, Urteil vom 14. Mai 2021 – 2 O 349/20 –).

LG Karlsruhe

Das Landgericht Karlsruhe (LG Karlsruhe, Urt. v. 08.04.2021 - 8 O 88/20 - AachenMünchener) musste sich mit dem Problem befassen, ob eine Belehrung im Antragsformular, die offenlässt, ob ein Widerspruchs- oder ein Rücktrittsrecht besteht ("zurücktreten bzw. ihm widersprechen"), den Anforderungen genügt. Es verneint dies. Die Ausschlussfrist des § 8 Abs. 5 S. 4 VVG a. F. sei unionsrechtswidrig, mithin unanwendbar. Der Widerspruch gegen eine dynamische Prämienerhöhung führt nicht zum Ausschluss des Rücktrittsrechts wegen eines illoyalen Verhaltens. Dasselbe gilt für einen Antrag auf Einbeziehung des Versicherungsvertrages in die staatliche Förderung.

LG Heidelberg

Als aussagekräftiger Maßstab zur Schätzung der tatsächlichen Nutzungsziehung gem. § 287 ZPO ist die Nettoverzinsung, welche die in Anspruch genommene Versicherung mit ihren Kapitalanlagen in der fraglichen Zeit erzielen konnte, heranzuziehen (LG Heidelberg, Urt. v. 26.03.2021 - 2 O 269/20 - Heidelberger). Dem steht auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen. In seinem Urteil vom 24.02.2016 (IV ZR 512/14) hat der Bundesgerichtshof lediglich ausgeführt, der Versicherungsnehmer genüge durch eine bloße Bezugnahme auf die ausweislich der Geschäftsberichte erzielte Nettoverzinsung nicht der ihm obliegenden Darlegungslast. Dagegen hat er keine Aussage getroffen, inwiefern es dem Tatsachengericht verwehrt wäre, anhand der Nettoverzinsung Schätzungen zur Anspruchshöhe vorzunehmen. Der Bundesgerichtshof hat zudem jüngst die Nettoverzinsung als Schätzungsgrundlage jedenfalls für die Nutzungsberechnung hinsichtlich des Sparanteils in der kapitalbildenden Lebensversicherung nicht beanstandet (BGH, Urteil vom 13.11.2019 – IV ZR 324/16).

LG Heidelberg

Läßt die Widerspruchsbelehrung die Form des Widerspruchs im Unklaren, so ist sie fehlerhaft im Sinne von § 5a VVG a. F. Zu den Voraussetzungen einer Nachbelehrung verhält sich die Entscheidung ebenfalls (LG Heidelberg, Urt. v. 23.03.2021 - 2 O 312/20 - Heidelberger).

LG Heidelberg

Einem Anspruch auf Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach erfolgtem Widerspruch gem. § 5a VVG a. F. kann der Verwirkungseinwand, der darauf gestützt wird, dass der Versicherungsnehmer Änderungen hinsichtlich der Bankverbindung und der vereinbarten Dynamikerhöhungen erklärt habe, nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden (LG Heidelberg, Urt. v. 05.03.2021 - 2 O 297/20 - Heidelberger).

LG Heidelberg

Die Mitteilung, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung, genügt den Anforderungen an die Belehrung über die Form des Widerspruchs nicht (LG Heidelberg, Urteil vom 26. Februar 2021 – 2 O 397/19 –). Auch ein Versicherungsmakler, der sich einen Versicherungsvertrag selbst vermittelt hat und von seinem Widerspruchsrecht auch ohne Belehrung bereits Kenntnis hatte, muss ordnungsgemäß belehrt werden.

LG Heidelberg

Eine Nachbelehrung muss einen für den Versicherungsnehmer erkennbaren Bezug zu seiner früheren Vertragserklärung aufweisen, der ihm verdeutlicht, dass ein Belehrungsmangel im Nachhinein ausgeglichen werden soll. Überdies unterliegt die Nachbelehrung dabei denselben gesetzlichen Anforderungen wie eine rechtzeitige Belehrung (LG Heidelberg, Urteil vom 11. Dezember 2020 – 2 O 55/20 – Heidelberger).

LG Heidelberg

Das bloße Nichtgebrauchmachen von einer bestehenden Lösungsmöglichkeit - vertragliches Rücktrittsrecht - ist nicht geeignet, bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Vertrages zu begründen. Für die Berechnung der Nutzungen, die aus den ersparten Kostenanteilen gezogen werden konnten, ist auf die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen der beklagten Versicherung abzustellen (LG Heidelberg, Urteil vom 19. Oktober 2020 – 2 O 396/19 –).

LG Karlsruhe

Das Landgericht Karlsruhe (LG Karlsruhe, Urt. v. 16.09.2020 - 8 O 38/20 - AachenMünchener) befasst sich zum Einen mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Rückabwicklungsanspruch abgetreten werden kann. Zum Zweiten geht es um die Frage, ob eine wirksame Belehrung im sog. Antragsmodell vorliegt, wenn die Belehrung offenlässt, ob ein Widerspruchs oder ein Rücktrittsrecht besteht ("zurücktreten bzw. ihm widersprechen").

EuGH, Urt. v. 19.12.2019 - C-355/18 bis C-357/18

Enthält eine Rücktrittsbelehrung keinen Hinweis auf die Form des Rücktritts, obwohl eine solche nach nationalem Recht - hier: § 8 Abs. 5 VVG a. F. - vorgeschrieben ist, ist die Rücktrittsbelehrung fehlerhaft. Dies hat zur Konsequenz, dass auch Jahre später ein Rücktritt noch möglich ist. Der EuGH schließt sich insoweit dem Schlussantrag der Generalanwältin (Kokott) an und entscheidet damit eine Streitfrage, welche in der Bundesrepublik Deutschland kontrovers diskutiert worden war. Strittig war, ob die Belehrung über das Rücktrittsrecht einen Hinweis auf die Form des Rücktritts beinhalten muss. Eine Rechtsmeinung verneinte dies (BGH r+s 2016, 556; OLG Frankfurt, Urt. v. 10.06.2014 – 14 U 109/13 -; KG, Beschl. v. 20.02.2015 – 6 U 95/14 -). Sie stützt sich darauf, dass es ausreiche, wenn sich der Versicherer am Gesetzestext orientiere. Eine andere, in Rechtsprechung und Schrifttum verbreitete Meinung bejaht dies hingegen. Aus dem Wortlaut, der das Merkmal "Absendung" beinhaltet, wird das Erfordernis hergeleitet. Ferner ist der Belehrungszweck anzuführen (LG Siegen, Vfg. v. 23.09.2015 – 1 O 231/14 -; LG Rostock, Urt. v. 07.08.2015 -).

LG Aachen

Zehn Jahre nach Vertragsabschluss ist nach Ansicht des Landgerichts Aachen mit Rücksicht auf einen allgemeinen Rechtsgedanken kein Widerspruch gem. § 5a VVG a. F. mehr möglich (LG Aachen, Urt. v. 25.07.2019 - 9 O 455/18 -).

BGH

Fehlt bei einer Lebensversicherung im intendierten Antragsmodell eine Angabe der Antragsbindungsfrist, so greift § 5a VVG a. F. Platz (BGH, Urt. v. 18.07.2018 - IV ZR 68/17 -).

OLG Köln

Werden bei Antragstellung nicht alle notwendigen Verbraucherinformationen - konkret: Anlagen GT und GW mit den Werten der garantierten Todesfallleistung, der garantierten Rückkaufswerte und der garantierten beitragsfreien Versicherungssummen - erteilt, kann der Versicherungsnehmer, dem diese Verbraucherinformationen erst mit der Übersendung der Police zuteil geworden sind, dem Abschluss des Versicherungsvertrages gem. § 5a VVG a. F. widersprechen (OLG Köln, Urt. v. 28.07.2017 - 20 U 12/17 -).

AG Köln

Kurzbeschreibung: Das Amtsgericht Köln schätzt die erzielten Nutzungen bei der Rückabwicklung einer Lebensversicherung auf der Basis der Nettoverzinsung der Kapitalanlagen anhand der Geschäftsberichte der beklagten Versicherung. Anforderung an eine schlüssige Darlegung der Nettozinsen ist dabei die Darlegung konkreter Zahlen unter Bezugnahme auf veröffentlichte Geschäftsberichte (AG Köln, Urt. v. 21.07.2017 - 124 C 94/16 -).

AG Karlsruhe

Die Kündigung steht einem nachfolgenden Widerspruch gem. § 5a VVG a. F. nicht entgegen (AG Karlsruhe, Urt. v. 26.04.2017 - 1 C 4035/15 -).

OLG München

Mit der ganz überwiegenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist das OLG München (OLG München, Urt. v. 20.09.2012 - 14 U 1511/12 -) der Ansicht, dass die Regelung des § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. nicht der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.11.2002 über Lebensversicherungen widerspricht. § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. sieht für den Fall, dass ein Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a VVG unterlassen hat, vor, dass ein Versicherungsvertrag auf Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Versicherungsinhalt maßgeblichen Information als geschlossen gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung dieser Unterlagen in Textform widerspricht.

BGH

Der BGH erkennt, dass sich die Verjährung eines Anspruches auf eine weitergehende Rückvergütung nach §§ 11, 12 VVG a.F. richtet, da mit dem Anspruch auf eine weitergehende Rückvergütung - bestehend aus Rückkaufswert und Überschussbeteiligung - ein Erfüllungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag (§ 6 ABL bzw. § 6 ABR, § 176 VVG ) verfolgt wird (BGH, Urt. v. 14.07.2010 - IV ZR 208/09 -).

LG Heidelberg

Das Landgericht Heidelberg stellt klar, dass eine Bank einen Anleger bei Vermittlung einer Lebensversicherung als Kapitalanlage über die aus den von der Versicherungsgesellschaft deklarierten Kosten gezahlten Vermittlungsprovisionen aufklären muss (LG Heidelberg, Urt. v. 13.07.2010 - 2 O 444/09 -).

OLG Karlsruhe

Der Senat (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.05.2010 - 12 U 20/09 -) führt die sog. Auge- und Ohr-Rechtsprechung fort: Der Nachweis einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht oder einer arglistigen Täuschung seitens des Antragstellers einer Berufungsunfähigkeitsversicherung obliegt dem Versicherer. Der Nachweis falscher Angaben des Versicherungsnehmers lässt sich nach der Auge- und Ohr-Rechtsprechung, wenn der Agent das Formular ausgefüllt hat, allein mit dessen Inhalt nicht erbringen, sofern der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, die Fragen des Agenten mündlich richtig beantwortet zu haben. In diesem Fall muss der Versicherer beweisen, dass der Versicherungsnehmer diesen mündlich nicht zutreffend unterrichtet hat. Denn was dem Agenten in Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden (§§ 43 Nr. 1 VVG a.F., 166 Abs. 1 BGB), auch wenn der Versicherungsagent es nicht in das Formular aufgenommen hat (BGHZ 116, 387, 389). Dass gilt auch insoweit, als der Versicherungsnehmer ergänzende Angaben unterlässt, weil der Agent ihn über die in den schriftlichen Antrag aufzunehmenden Tatsachen falsch unterrichtet (vgl. BGH VersR 2001, 1541 unter II 1 a m. w. N.; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. § 22 Rdn. 6). Beweisen muss der Versicherer auch, dass der Agent die angeblich falsch beantworteten Fragen überhaupt gestellt hat (BGH RuS 2005, 10).

LG Augsburg

Kurzbeschreibung: Das Landgericht Augsburg musste sich mit einem Fall befassen, in dem die Ehefrau des Versicherungsnehmers einer Lebensversicherung ursprünglich als Bezugsberechtigte eingesetzt worden war. Kurz vor dem Tode des Versicherungsnehmers teilte dieser seiner Versicherung mit, dass er die Bezugsberechtigung ändern wolle, ohne allerdings einen konkreten neuen Bezugsberechtigten anzugeben. Ob die Beantwortung der Rückfrage der Versicherung, wer den nunmehriger Bezugsberechtigter sein solle, noch zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers beantwortet worden ist, blieb streitig. Die Ehefrau schlug das gesetzliche Erbrecht aus und begehrte aus Anfechtungsrecht wegen angeblicher Schulden des verstorbenen Versicherungsnehmers Zahlung der hinterlegten Lebensversicherungssumme. Zu Unrecht, wie das Landgericht Augsburg feststellte (LG Augsburg, Urt. v. 14.07.2009 - 10 O 3877/08 -).

BGH

Der BGH (BGH, Urt. v. 21.05.2008 - IV ZR 238/06 -) befasst sich mit einer Auseinandersetzung zwischen Erben und nunmehrigem Bezugsberechtigten betreffend eine hinterlegte Lebensversicherungssumme. Er bestätigt seine Rechtsprechung, wonach in diesen Fällen, § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt. Überdies stellt er klar, dass in diesen Fällen nicht nur das (Deckungs-)Verhältnis zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer, sondern überdies das Valutaverhältnis zwischen Erblasser und dem Begünstigten zu bewerten ist. Fehlt es im letztgenannten Verhältnis an einer wirksamen Schenkung, weil das Angebot des Versicherungsnehmers und Erblassers an den neuen Bezugsberechtigten durch den Boten (Lebensversicherung) nicht rechtzeitig, d. h. vor dem Widerruf durch die Erben, zugegangen ist, besteht kein Recht des Bezugsberechtigten auf die Versicherungssumme gegenüber den Erben.

LG Dortmund

Das Landgericht Dortmund setzt sich mit der Frage nach den Formerfordernissen bei der (mehrfachen) Abtretung der Rechte aus einer Lebensversicherung auseinander (LG Dortmund, Urt. v. 14.02.2008 - 2 O 384/06 -).

LG Münster

Das Landgericht Münster befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine wirksame Änderung des Bezugsrechts vorliegt, wenn der nunmehrige Begünstigte im Rahmen der Änderung als Bevollmächtigter des Versicherungsnehmers handelt (LG Münster, Urt. v. 23.05.2007 - 15 O 611/06 -).

BGH

Der Bundesgerichtshof befasst sich mit der Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts bei Kündigung durch den Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung (BGH, Urt. v. 12.10.2005 - IV ZR 245/03 -).

BVerfG

Aus Art. 2 und 14 GG leitet das Bundesverfassungsgericht eine Pflicht des Gesetzgebers her, ein Gesetz zu schaffen, welches den Lebensversicherungsunternehmen vorgibt, dass bei der Ermittlung eines bei Vertragsende zuzuteilenden Schlussüberschusses die Vermögenswerte angemessen berücksichtigt werden, die durch die Prämienzahlungen im Bereich der kapitalbildenden Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung geschaffen worden sind (BVerfG, Urt. v. 26.07.2005 - 1 BvR 80/95 -).

OLG Jena

Die Entscheidung befasst sich mit der Bezugsberechtigung, die unter der aufschiebenden Bedingung des Erbfalles steht (OLG Jena, Urt. v. 21.10.2003 - 8 U 410/03 -).

LG Saarbrücken

Nach Ansicht der Kammer besteht kein Anspruch auf Auszahlung eines höheren Rückkaufswertes bzw. Erstattung der durch Zillmerung verrechneten Abschlusskosten (LG Saarbrücken, Urt. v. 01.07.2003 - 2 O 52/06 -).

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